Zehn Aspekte, die beim Rekrutieren eines Fotografen entscheidend sind.
Fotos sind ständiger Bestandteil unseres täglichen Lebens. Ob nun Unternehmen, oder Privatpersonen – alle arbeiten mit visuellen Reproduktionen. Noch nie war es so einfach Fotos zu bekommen … aber umso schwieriger ist es geworden, qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erhalten. Unsere Checkliste hilft Auftraggebern, bei der richtigen Auswahl eines professionellen Fotografen – um zu vermeiden, dass man einem Scharlatan, Hobbyknipser oder talentfreien Abzocker in die Hände fällt.
Wer nicht ständig mit Fotografen zusammenarbeitet und keinen bereits etablierten Fotografen in der Lieferantenliste hat, steht häufig vor dem Problem, den passenden und professionellen Partner bereits vor der Auftragsvergabe zu erkennen. Schließlich können sich die wenigsten Unternehmen die Zeit und Kosten leisten, ein Shooting mehrfach bei unterschiedlichen Fotografen zu ordern.
Im schlimmsten Fall handelt es sich um ein einmaliges Event, für das es fotografisch nur eine Chance gibt. Auf was sollte ich als Auftraggeber also vor der Auftragsvergabe an einen Fotografen achten? Wie vermeide ich, einem Scharlatan, Hobbyknipser oder talentfreien Abzocker in die Hände zu fallen? Zum einen an den Fotos, die er macht und seiner Arbeitsweise. Doch beides sieht man erst während oder nach dem Shooting. Woran man einen professionellen Fotografen schon vor der Auftragvergabe erkennt:
1. Die Webseite.
Ein professioneller Fotograf wird seine Bilder und Leistungen auf einer aktuell gehaltenen Webseite präsentieren. Dies ist die Visitenkarte seines Geschäftes. Neben Arbeitsproben sollten Sie hier auch Informationen über seine Leistungen, Qualifikation und Referenzen erhalten. Gibt es Beispielbilder für den Bereich, in dem Sie Fotografen suchen?
2. Die Leistungen
Welche Leistungen bietet er an? Besitzt er ein Studio (und nicht nur eine umgebaute Garage im Elternhaus)? Übernimmt er professionelle Retouchearbeiten? Arbeitet er mit professionellen Drittanbietern eng zusammen (Visagisten, Videografen, Druckereien, Fineart-Printern)? Kann er ggf. die Koordination mit diesen Drittanbietern organisieren (One-Stop-Shop)?
Auch wenn diese Leistungen nicht in jedem Fall erforderlich sind (ein reiner Reportagefotograf benötigt in selteneren Fällen auch ein Studio). Sie müssen die Bedeutung dieser Leistungen für Ihr Projekt abwägen. Allerdings können sie wichtige Kriterien für die Einschätzung der Professionalität des Fotografen sein.
3. Das Angebot.
Lassen Sie sich von jedem Fotografen für ein Projekt ein Angebot mit ausführlicher Leistungsbeschreibung zukommen. Wichtig ist, daß Sie hier bereits sehr detailliert Ihre Anforderungen definieren, damit der Fotograf dies auch in seinem Angebot berücksichtigen kann.
Definieren Sie Ort, ggf. Dauer, beteiligte Personen. Legen Sie genau fest, welches Ergebnis Sie vom Fotografen erwarten (Bildrechte, Prints, Bilder auf DVD/CD, Qualität, Format, Stückzahlen, Zusatzleistungen, Aufbau- und Anfahrtskosten, Assistenzkosten). Erwarten Sie eine Postproduktion der Bilder (Retuschearbeiten oder allgemein EBV-Arbeiten – wenn ja, in welchem Umfang?). Ist ein Visagist oder ein Food Designer erforderlich? Wer stellt diese Personen ein? Ist das Teil vom Angebot? Ein guter Fotograf wird Ihnen hier schon im Vorfeld alle wesentlichen Fragen beantworten können und sollte auch Kontakte zu zuverlässigen Kooperationspartnern herstellen können. Beratung und Vorgespräche sind Teil der Dienstleitung und gehören für einen guten Fotografen selbstverständlich ohne Zusatzkosten dazu.
4. Der Preis.
Wie immer gilt auch beim Fotografen die Faustregel – man bekommt selten mehr als man dem Fotografen auch gezahlt hat (You get what you pay for). Trotzdem lohnt es sich genau hinzuschauen. Wer fotografische Dienstleitungen zum Niedrigpreis anbietet, arbeitet meist nicht hauptberuflich als Fotograf, muss kein teures Equipment, kein Studio und keine Mitarbeiter finanzieren. Das muss alles kein Nachteil sein – gibt jedoch bereits eine Indikation dafür auf welchem Level gearbeitet wird.
Durchschnittshonorare nennt der iBusiness Honorarleitfaden oder der Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e.V. zur Homepage dieses Unternehmnes. Branchenüblich sind:
Tagessatz Pressefotograf, Reportagefotograf: ab 250€ / Tag
Tagessatz Fotograf bei einem redaktionellen Shoot für ein Magazin: ab 300-500€ / Tag
Tagessatz Hochzeitsfotograf: ab 500 – 1000€ / Tag
Tagessatz Werbefotograf: ab 700 – 1500 € / Tag
Ein Stundenlohn eines freiberuflichen Werbefotografen deutlich unter 100€ sollte einen stutzig machen. Hier sind meist versteckte Kosten involviert (hohe Zusatzkosten für weitere Abzüge, eingeschränkte Nutzungsrechte deren Erweiterung viel kostet, Assistenzkosten, sehr hohe Aufpreise für digitale RAW Abzüge etc.) oder das Risiko ist hoch, daß man an einen Amateur geraten ist. Prüfen Sie daher sehr genau den Leistungsumfang.
Gleiches gilt natürlich auch für Fotografen mit hohen Stundensätzen. Fragen Sie nach, was Sie dafür erhalten. Falls Dinge unklar sein sollten, haken Sie auf der Basis des gemachten Angebotes nochmal nach und lassen Sie sich ein neues ausführlicheres Angebot zukommen. Sicherlich ist die Aussage „Amateur = schlechter Fotograf – Profi = guter Fotograf“ nicht immer zutreffend. Allerdings steigen Ihre Projektrisiken ganz erheblich, wenn Sie mit einem Niedrigpreis-Fotografen arbeiten.
5. Die Referenzen.
Überzeugen Sie sich im Vorfeld bereits, mit und für wen der Fotograf bereits gearbeitet hat. Professionelle Fotografen stellen Ihnen gerne eine Liste der Referenzkunden zusammen für die sie bereits tätig waren. Wer bekannte Namen und Firmen in seinem Portfolio hat und mehrfach von ihnen gebucht wurde, ist üblicherwesie von diesen Unternehmen bereits auf Zuverlässigkeit und Qualität geprüft. Hier erkennen Sie auch bereits die Arbeitsschwerpunkte des Fotografen. Wenn Sie einen Food-Fotografen benötigen, sollte dieser in seinem Portfolio möglichst nicht nur Architekturbilder präsentieren.
6. Das Portfolio.
Machen Sie sich ein eigenes Bild von der fotografischen Qualifikation Ihres potentiellen Lieferanten. Sind die Bilder in seinem Portfolio (Galerie) fotografisch einwandfrei (richtig belichtet, scharf, ansprechend, aber nicht übertrieben retuschiert, guter Bildaufbau) und entspricht der Bildstil des Fotografen Ihren Bedürfnissen? Passt sein Bildstil auch in die Bildsprache Ihres oder Ihres Kunden Unternehmens?
7. Die Verschwiegenheitsklauseln.
Einige Fotografen arbeiten häufig unter Verschwiegenheitsklauseln“ Dies kann dazu führen, daß keine oder nur wenig Referenzbilder im Portfolio freigegeben werden dürfen. Meist hat der Fotograf dann aber genretypische Alternativfotos zur Hand – fragen Sie danach.
8. Die Termintreue.
Achten Sie darauf, daß der Fotograf seine Termine und Zusagen schon bei Vorbesprechungen, Rückrufen und Angeboten peinlichst einhält. Wer hier schon schludert, bringt großes Potential mit, auch später im Projekt nicht termingerecht zu arbeiten und so möglicherweise Ihre Projektplanung zu gefährden.
9. Die Sprache.
Sie arbeiten mit internationalen Modellen und Kunden zusammen? Stellen Sie im Vorfeld sicher, daß der Fotograf wenigstens im Wort gutes Englisch spricht. Machen Sie sich im Vorfeld z.B. bei der Vorbesprechung bereits Gedanken, ob er als Ihr Dienstleister repräsentativ vor Ihren Kunden/Modellen auftreten kann (Kleidung, Benehmen). Ein Fotograf der nicht Englisch spricht, wird sich schwertun, einem ausschließlich Englisch sprechendem Model die richtigen Anweisungen zu geben. Im günstigsten Fall treibt dies die Shootinglänge und damit die Kosten in die Höhe – im schlimmsten Fall geht das Shooting in die Hose.
10. Die Erklärungen.
Sprechen Sie im Vorfeld mit dem Fotografen und lassen Sie sich seine Arbeitsweise erklären. Auf welche Dinge legt er Wert? Was zeichnet ihn aus? Lassen Sie sich erläutern warum Sie ihn und nicht den Mitbewerber auswählen sollten. Je nach Fotoprojekt sind andere Qualifikationen beim Fotografen gefragt – ein Model- oder Portraitshooting erfordert zusätzlich Kommunikationsfähigkeit, bei Produktfotos sind speziell Lichtkenntnisse und die entsprechende Hardware notwendig. Ein Profi wird dies wissen und auch im Gespräch entsprechend betonen.
Wenn Sie sich vor der endgültigen Auftragserteilung mit diesen Punkten auseinandergesetzt haben, sollten Sie schon einen guten Eindruck von der Qualität und dem Anspruch des Fotografen bekommen haben. Natürlich zählt zum Schluss immer das Ergebnis, aber die vorhergehenden Aspekte im Vorfeld beachtet, können helfen sich von faulen Eiern rechtzeitig zu trennen und den potentiell richtigen Dienstleister für Ihr Projekt frühzeitig zu identifizieren.
Timo Bierbaum